Baum

Stammbaum

Zu Beginn unserer genealogischen Nachforschungen vermuteten wir noch sehr intensiv eine Abstammung der bürgerlichen Träger des Familiennamens Dettling von den Herren ,von Dettlingen. Diese Vermutung drängte sich geradezu auf, durch die Duplizität des Auftauchens des Namens im ehemals linksrheinischen deutschen Reichsgebiet mit der gleich darauf folgenden Französischen Revolution. Wer will nicht schon gerne vom Adel abstammen, das Prädikat ,,von oder ,dea, wie wir in Frankreich sagen, ist auch heute noch heiß begehrt.
Inzwischen wissen wir, dass der Uradel der im schlichten Namen Dettling verborgen ist, einen weitaus wertvolleren Bezug auf eine edle und freie Herkunft ableitet. Als Angehörige der Dettling-Familiengemeinschaft war uns der zentrale Raum am oberen Neckar um Horb als das umfassende Herkunftsgebiet des ursprünglichen Namens und seiner heutigen Träger, bekannt. Die Überraschung hielt sich daher in Grenzen als wir feststellen mussten, dass der erste der elsässischen Sippenreihe, Christian Dettling, verheiratet mit einer Anna, deren Geburtsname nicht angegeben war, von Beruf ,,Ackersmann“, noch in Dornstetten (zwischen Freudenstadt und Horb, nahe Dettlingen) wohnhaft war. Dadurch war die Verbindung zu dem Mittelpunkt der Namensherkunft in Deutschland hergestellt.

Christian, geboren etwa um 1630, und Anna Dettling in Dornstetten hatten einen Sohn namens Mathias Dettling, geboren 1662 ebenfalls dort, der nach der französischen Okkupation von Straßburg (1681) in das Elsass verzog. Die Hinweise auf seine Eltern stammen aus der Urkunde über seine Heirat am 22. Januar 1692 mit Margareta Klein in Wangen bei Marlenheim. Er hatte offenbar dort die Frau für das Leben gefunden. Aus dieser Ehe gingen die vier Kinder Christmann, Jakob, Margarete und Mathias 11, hervor. 1704 zog Mathias mit seiner Familie in das nahe Westhofen, wo er am 5. Dezember 1704 das zum Schloss ,DETTLINGERHOF‘ gehörige Verwalterhaus mit Scheune, Hof und Stallungen käuflich erwarb. In der Folgezeit avancierte er zum Bürgermeister von Westhofen, mit dessen Amt auch die königliche Steuereinnehmerei verbunden war. Dieses 'Nebenamt brachte die Hauptarbeit und viel Verdruss, gerade unter dem ,,Sonnenkönigs Ludwig XIV., dessen Kriegs- und Staatsausgaben Frankreich an den finanziellen Abgrund brachten. Trotz des nicht endenden Ärgers, den hauptsächlich das Steueramt mit sich brachte, hatte er es bis 1741, also auch unter dem Nachfolger Ludwig XV. inne, obwohl er vorher schon mehrfach um Entlastung davon gebeten hatte. In diesen Zeiten fand sich kaum ein Bewerber um die verbundenen Ämter und so war es nicht leicht, trotz zahlreicher erhalten gebliebener Bittschriften, davon Befreiung zu bekommen. Danach widmete er sich ganz der Landwirtschaft und dem Weinbau sowie dem Gewerbe eines Strohschneiders. In der damaligen Zeit wurden sehr große Mengen an Stroh gebraucht, aus dem viele Gebrauchsgegenstände wie Wannen, Teigkörbe, Seile, Kopfwischel zum Lastentragen usw. hergestellt wurden. Auch im Baugewerbe war zu der damaligen Lehmbauweise (Fachwerkriegel) Stroh nötig. Diese Gewerbe verhalf schließlich dem Betreiber zu dem Beinamen ,,Strohmathias“ (els.:Strohmathsel), der seinem Hof bis in das 19. Jahrhundert als Name anhaftete.
Es scheint, dass dieser erste Mathias ein geschickter Geschäftsmann war, denn er vergrößerte durch wiederholt getätigte Ankäufe sein Vermögen ständig. Auch eine Ölmühle nannte er sein eigen, die wiederum der ,,Mühlgasse" ihren Namen gab. Aus der Folgezeit, als Mathias Witwer geworden war, stellte man sein Inventarium beim Notar auf, womit die Erbteilung unter seinen Kindern ermöglicht werden sollte. Damit ist ein sehr aufschlussreiches und beachtliches Dokument erhalten geblieben (Nr. 6E44/93). Auch die Entwicklung der zweiten Generation ist anhand von Zivilstandsurkunden und dergl. recht gut zu verfolgen.

Der älteste Sohn des Strohmathias CHRISTMANN verheiratete sich wiederum in Wangen am 14.6.1720 mit Catharina Bauer. Ihre Ehe wurde mit einer 'Tochter Margareta gesegnet, die später in Wangen blieb und sich am 27.1 1.1 742 dort mit Simon Johann verehelichte.

Der zweite Sohn HANS-JAKOB, verheiratete sich am 27.4.1734 in Goxwiller mit Barbara Greiner, Tochter des evangelischen Schulmeisters Martin Greiner. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder Margareta, Anna, Jakob, Magdalena, Rosina und Maria, hervor. Hans-Jakob verstarb sehr früh und sein Bruder Mathias I1 wurde Vogt (Pfleger) für seine Kinder.

Der dritte Sohn MATHIAS I1 war in seiner Handlungsweise seinem Vater sehr ähnlich. Er verheiratete sich 1723 in Westhoffen mit Katharina Vendenheim, Tochter von Lorentz Vendenheim ,,Dettlingischer Meier“. Sie hatten zwei Kinder, Georg Friedrich und Mathias 111. Mathias I1 setzte in seiner Heimatgemeinde Westhoffen bemerkenswerte Zeichen. Mit seiner Familie wohnte er in der Mühlgasse und betrieb die Ölmühle seines Vaters weiter und nebenbei noch Weinbau. Er war wie sein Vater ein unermüdlicher Schaffer, vergrößerte den Hof, baute um und tätigte Geschäfte mit der Gemeinde. Nach der Befragung der Einwohner und Sammlung von Unterschriften übernahm er die Installation des Westerend-Brunnens und dessen Zuleitung mit Brunnenstock und zwei Trögen (8E525/121). Heute ist dieser Brunnen noch eine Zierde des Dorfes und steht unter Denkmalschutz. Er legte auch bei sich einen für die damalige Zeit wunderbaren Meinen Garten, -wie man sagte ,,a la francaise" an, mit Buchspfaden und Parteren mit Blumenbeeten und Rosenstöcken. Ein ,,Reine Claudeu-Baum zierte das Ganze. Eine Besonderheit für die damalige Zeit. So durften auch Bienenhaus und Taubenschlag nicht fehlen, wobei er sich jeweils als Züchter versuchte. Inspiriert wurde er wohl, als er beim herrschaftlichen Haus daheim war. Leider ist auch dieses kleine Paradies verschwunden. Die Ölmühle, die in der nachfolgenden Zeit den Besitzer wechselte, ist heute als Altertum im Rathaushof zu besichtigen.

In der dritten Generation teilte sich die Stammreihe in zwei Linien, in Georg Friedrich I und Mathias 111, auf. Erstere führte den Hofnamen ,,Strohmathsel“ fort, nachdem sich Georg Friedrich 1792 mit Elisabeth Hamann vermählt hatte und im elterlichen Haus in der Mühlgasse weiter wohnte. Er betrieb wie sein Vater den Weinbau und war, wie es in den Büchern heißt, ein Ölmann, also Ölmüller. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Catharina, Georg Friedrich I1 und Margareta. Während die Kinder in die Revolutionszeit hineingeboren wurden, wird der Vater in den Akten als Garde National (Ordnungshüter) bezeichnet. Eine unruhige und gefährliche Zeit war auch für das Elsass angebrochen, wo die Bürger nicht mehr wussten, was sie glauben sollten und was nicht. Die Meinungen waren geteilt und jeder misstraute jedem. Wer war Royalist? Wer war für die Republik? Niemand getraute sich offen seine Meinung zu sagen.

Mathias I11 der jüngere Bruder, nahm Margarete-Büchel zur Frau und wurde Wirt ,zum Löwen" in der früheren Schwemmgasse, jetzt rue de la Liberté. Er gebärdete sich patriotisch und wurde von der Gemeinde zum Adjunkt (Amtsgehilfe) gewählt. Die Ehe wurde mit fünf Kindern gesegnet, die Jakob, Karl, Margareta, Catharina und Georg-Michael genannt wurden. In der Zeit der Revolution durften in den Kirchen keine Taufen mehr stattfinden. So fanden diese durch den Pfarrer in den jeweiligen Wohnhäusern statt, auch beim Löwenwirt. Ein großer Nachteil ist durch das Fehlen der Kirchenbücher aus dem 18. Jahrhundert für die genealogische Forschung entstanden. Diese mussten auf dem Rathause abgegeben werden, wurden geschlossen und kamen nach der Schreckenszeit nie wieder zum Vorschein, eine Lücke, die leider geblieben ist. Unter Napoleon wurde dann der Code Civil eingeführt, der übrigens auch in fast unveränderter Form für das neue Landrecht des Badischen Großherzogtums das Gesetzesmuster wurde.

So wie damals den Kirchenbüchern erging es im 20.Jahrhundert unseren Glocken. Sie wurden 1917 zur Verwendung als Kriegsmaterial aus dem Kirchturm heruntergeholt und sollten in Deutschland eingeschmolzen werden. Doch dazu kam es nicht mehr, da das Ende des Krieges rasch eintrat. Die Große Gloria-Glocke der St.Martinskirche in Westhofen erklingt heute noch im Kölner Dom und trägt dort auch das Westhofener Wappen. Obwohl sie nichts mit unserer Familie zu tun hatten, wollen wir diese außergewöhnlichen Ereignisse aus schweren Zeiten hier berichten. Mathias I11 scheint ein selbstbewusster Mann gewesen zu sein, der nach den Akten zu urteilen sich nicht scheute, seine Meinung zu sagen. Pfarrer Nessmann führt in seinem Westhofener Buch an, dai3 während der Revolution der Turm der Kirche zum Abreißen versteigert wurde, da die Kirchtürme die Männer der Revolution offensichtlich störten. Der Turm wurde für 1100 Livres durch Mathias Dettling ersteigert. In Westhofen befanden sich aber zwei Kirchen; die obere St. Erhardskirche und das untere, St. Martin geweihte Gotteshaus. Jeder glaubte, es habe sich dabei um die heutige St. Martinskirche gehandelt. Aber nun fanden sich in den Archiven aufschlussreiche Dokumente, die bestätigten, dass es der Turm der älteren St. Erhardskirche gewesen ist die baufällig geworden und sowieso zum Abreißen verurteilt war, da sie auch eine Gefahr bedeutete. Letztlich hatte also dieser Abriss nichts mit der Revolution zu tun. Doch schade war es trotzdem um dieses romanische Kirchlein, das in der Erhardgasse stand und von dem nur noch der eingemauerte romanische Chor in der Ringmauer übrig blieb, der heute noch zu sehen ist. ((E525/189).

Wenden wir uns noch ausführlicher der vierten Generation zu, die sich von Georg Friedrich I1 ableitete. Dieser verheiratete sich 1827 in Westhofen mit Margarete Salom6 Schuster, die ihm vier Kinder mit den Namen Georg Friedrich I11 (1827), Salomea (1832), Catharina (1834) und Elisabeth (1836) gebar. Bereits 1837 starb leider die Mutter der noch kleinen Kinder im Alter von 35 Jahren, wobei das Jüngste erst ein Jahr alt war. Für die Wohlhabenheit der Familie zeugte ein beachtliches Inventarium, das vom Notar aufgestellt wurde, wonach ein Pfleger für den Nachlassanspruch der Kinder ernannt wurde. (23.1.1 838 durch Notar Ihle). Ein Jahr danach, 1838, verheiratete sich der Witwer wieder mit Salomea Hoffmann, die ihm 1840 eine Tochter Wilhelmine schenkte. Auch er war Ölmüller und Weinbauer. geblieben und hatte wohl kaum finanzielle Sorgen, wie aus dem genannten Inventarium zu schliei3en ist. Da es in der damaligen Zeit noch keine Geldinstitute gab, wurde in der Regel von Privatleuten Geld gegen einen kleinen Zins verliehen. So war auch Georg Friedrich I1 Geldverleiher geworden, eigentlich eine immer unsichere Anlageart. Doch es fanden sich Zeichen der Hilfsbereitschaft gegenüber einem in Not geratenen Schuldner. Diese Übung pflanzte sich in der Familie, bis über die Zeit der Spar- und Darlehenskassen hinaus, fort.

Die älteste Tochter Salomea heiratete Alfred Meyer, den Lehrer in Westhofen. Die Zweite Catharina einen Weinbauer namens Brueggmann. Die Jüngste, Elisabeth, wurde Frau von Christian Bechthold. Der Sohn Georg Friedrich I11 nahm Elisabeth Schuster zur Frau. Die jüngste Tochter aus zweiter Ehe, Wilhelmine, wurde Lehrerin und übte diesen Beruf lange Jahre in Balbronn aus. Sie war für die Kinder ihres Bruders durch ihre wirkungsvolle Unterstützung beim Lernen eine große Hilfe und blieb bei allen in bester Erinnerung. Besonders der Jüngste, Michael, erinnerte sich bis ins hohe Alter an seine Tante, von der er viel gelernt hatte. Auch über die Familiengeschichte, worüber er sein Wissen an seine Kinder und Enkeln weiter ' gab. Dazu gehörte auch das Wissen über die Geschichte des sogenannten ,,Schlössels“ in Westhofen, über die nachstehend noch berichtet wird. Heute sind in der 12.Generation der elsässischen Dettling mit dem Mittelpunkt Westhofen (Westhoffen") noch vier männliche Stammhalter vorhanden, die den Namen weitertragen. Die Mehrzahl der Vorfahren waren Landwirte und Weinbauern. Ab dem 19. Jahrhundert mischen sich andere Berufe wie Lehrerinnen, Ärzte, Ingenieure, Physiker, Mathematiker der Eliteschule Mines, Professoren und andere Berufe darunter.

*Französische Schreibweise.

(Anmerkung: Die Mitautorin Jeanne Eichler geb. Dettling, entstammt der 8. Generation in gerader Linie von Christian Dettling aus Dornstetten).

(Quelle: Aufsatz von Jeanne und Gilbert Eicheler veröffenticht im Dettling-Buch S. x-y)

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