2017 feierte die St. Pantaleon Kirche in Dettlingen ihr 300 jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass verfasste unser Mitglied Karl Josef Dettling eine Festschrift die uns einen interessanten Einblick in die Geschichte gibt.
Links an der Wand
befindetsich die Kanzel,
diese stammt wie die
Seitenaltäre aus dem
19. Jahrhundert.
Die Kanzel besteht aus
dem reich gezierten
Kanzeldeckel, dem
Kanzelkorb auf einer
Säule stehend und dem
Kanzelaufgang.
Der Korb ist mit
4 Leinwandgemälden
versehen.
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Bei den Gemälden handelt es sich um die Darstellung der 4 Kirchenväter:
Von links : Ambrosius mit Buch und Feder, Hieronymus mit dem Totenkopf , Augustinus mit Herz, das von zwei Pfeilen durchbohrt ist und Gregor mit einer Taube auf der Schulter
Darauf ist folgendes geschrieben:
In dem Jahr da man hat geschrieben, Tausend vierhundert fünfzig sieben,
da starb der Juncker Post von Neuneck gut, nach seinem Tod aus freiem Mut.
Sein hinterlassene Wittfrau Treu Frau Agatha ohne alle Scheu
Ein Feystin von Ilingen schon, die von Dettlingen und Bittelbronn
ein großes Stück Wald einnehmen lan, liegt auf Dettlinger Zwing und Ban.
Ist auf dem Hochberg genannt, der wird von ihnen Beiden samt
ewig genutzt in der Gemeind, samt der Mühlen zu Haugenstein
Dafür sei ihr dann schuldig sein, eine Jahrzeit zu Ehren sein.
Alle Jahr Sankt Agatha Tag die Jahrzeit zu feiern und danach
hier in Dettlingen wo sie begraben, ihr Gedächtnis auch zu geben
im Jahrtag mit der Seelenmess, die man zu vor verkünden lässt.
Seit jener Zeit wird in der Dettlinger Kirche diese „Seelenmess“ zu Ehren der Pfost von Neuneck gehalten.
Zurück zur allgemeinen Geschichte muss noch folgendes erwähnt werden: Bemerkenswert ist die bis Anfang des 20. Jahrhunderts an stämmige Pantaleonspflege, über deren Gründung jedoch nichts Näheres bekannt ist. Jedenfalls war die Kirchengemeinde mit dieser Pflege eine der reichsten Kirchengemeinden in der Umgebung. Im Jahre 1800 besaß die Pantaleonspflege ca. 80 000 Gulden. Der Bau unseres Schul- und Rathauses im Jahre 1847 wurde von dieser Stiftung mit rund 12 000 Gulden mitfinanziert. Die Kosten für die Errichtung eines prächtigen Gemeindehauses wurden mit rund 17 000 Gulden veranschlagt. Auch überörtlich zum Teil bis nach Sigmaringen wurde auf diesen gut gründigen Fonds zu gegriffen. Die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg ließ diesen gutgründigen Fonds leider dahin schmelzen.
Ein weiterer Zeitzeuge der Geschichte ist im Fuß des Kirchturmes verewigt. Rechts neben dem Eingang zur Kirche ist im Eck der Turmmauer in ca. 1,50 m Höhe ein Stück eines Buntsandsteines eingemauert, in den ein Kreuz eingemeißelt ist. Dies ist ein Teil eines sogenannten Sühnekreuzes, das in früheren Zeiten an der Stelle eines Unglückes vom Schuldigen aufgestellt werden musste. Dieses Kreuz stand ursprünglich unterhalb des heutigen Friedhofes am alten Weg nach Bittelbronn. In diesem Kreuz war ein Pflugschar eingemeißelt, der daran erinnern sollte, dass hier jemand mit einem Pflugschar zu Tode geschlagen wurde. Dettlingen war bis 1983 selbstständige Pfarrei, es waren bis dorthin 6 Pfarrer in der Pfarrei Dettlingen eingesetzt, wovon drei in Dettlingen ihre Grabstätte haben.
Turmurkunde
Im Originaltext von 1948 verfasst von Dr. Theol. Paul Keuchel
(Neu aufbereitet zum 300 -jährigen Kirchenjubiläum im Jahr 2017 von Karl Josef Dettling)
Im NAMEN des VATER + und des SOHNES + und des HEILIGEN GEISTES + AMEN
Mit Gottes Hilfe wurden in den ersten Novemberwochen des Jahres l946 die umfangreichen und gefährlichen Erneuerungsarbeiten am Kirchturm in Dettlingen vollendet. Mitte Januar 1948 hatten furchtbare Winterstürme die Blechverkleidung des Turmes aufgerissen und die darunter liegende Holzverschalung heruntergeschleudert. Es hatte sich gerächt, dass jahrzehntelang nichts Ausreichendes für die bauliche Unterhaltung des Turmes getan worden war. Das Unglück fiel in eine Zeit der Geldentwertung, in der keine Handwerker und kein Material zu bekommen waren. Am 21. Juni 1948 begann eine neue Geldwährung, aber auch eine große Geld knappheit. Trotzdem konnten 6000.- DM. (Deutsche Mark) Darlehen aufgenommen werden. Es halfen mit je 2000.- DM, vorschussweise aus: Der Allgemeine Katholische Kirchenfonds Sigmaringen (Rendant: Geistlicher Rat Direktor KARL KAUPP, ein Sohn unserer. Gemeinde) die politische Gemeinde Dettlingen und die Spar-und Darlehnskasse Dettlingen.
Aus dem im Geldwert stark dezimierten kirchlichen Fonds konnten nur 833.- DM beigesteuert werden. Der Schaden erwies sich als viel grösser, als die ersten Untersuchungen ergeben hatten. So war ein Hochgerüst auf der Wetterseite des Turmes unerlässlich. Am 8. September 1948 um 10 Uhr vormittags wurden die ersten Gerüststangen dazu gesetzt. Die Gerüsthöhe bis zum Turmhelm betrug 7 Etagen. Der am meisten beschädigte Turmhelm wurde ringsum eingerüstet. Das ergab bis zur Turmspitze nochmals 8 Etagen. Die seitlichen Streben des Hochgerüstes wurden vom geöffneten Kirchendach her eingesetzt. Am 22. September 1948 abends 19 Uhr war das ganze Gerüst fertig. Am Tage darauf wurden Turmkreuz und Wetterhahn heruntergelassen. Vom 23. bis 29. September wurden die Verputzarbeiten an der Wetterseite des Turmes ausgeführt. Gerüst und Verputz sind von Bauunternehmer OTTO KLEINDIENST aus Empfingen ausgeführt worden. Vom 4. bis 12. Oktober 1948 abends 18 Uhr dauerten die Zimmermannsarbeiten unter Leitung der beiden Zimmermeister KONRAD FASSNACHT und ALBERT STRAUB (beide aus Obertalheim) mit 3 Gehilfen.
Es mussten unter anderem erneuert werden:
3 Gratsparren von 15 m Länge 16/18, Sparren von 6 bis 11 m Länge 16/18 ferner ein Teil des Kranzgebälkes auf dem der Turmhelm steht, sowie ca. 60 qm der Außenverschalung.
Alle diese schweren Balken wurden von den 5 Zimmerleuten unter Mithilfe von ca. 15 Männern aus dem Dorf von Hand, ohne jede Maschinerie, auf den Turm heraufgezogen. Eine äußerst mühsame und gefährliche Arbeit, die mit Gottes Hilfe, ohne jeden Unfall durchgeführt werden konnte. Die Schmiedearbeiten besorgte Schmiedemeister JAKOB KILGUS aus Schopfloch, die Flaschnerarbeiten von Flaschnermeister HERMANN LUST aus Dürrenmettstetten. Letzterer begann am 13. Oktober. Das ganze Blechdach des Turmhelmes wurde erneuert mit Eisenblech von 0,6 mm Stärke das zur Erhöhung der Lebensdauer zweimal mit Nitrolack gespritzt wurde. Malermeister HERMANN SCHWARZ aus Schopfloch hat die Zifferblätter der Turmuhr das Turmkreuz - und den Wetterhahn sowie die 4 Türmchen auf halber Höhe des Turmhelmes neu angestrichen. Gott dem Herrn sei tausendfacher Dank gesagt, dass dies fast unmöglich scheinende Werk in so schwerer Zeit glücklich zu Ende kam! Späteren Generationen seien die Behörden und Personen genannt, die mit diesem Werk zu tun hatten.
Die Bauzeit fiel in die Regierung des Erzbischöflichen Kapitularvikars DR. WILHELM BURGER ,Freiburg i. Br. und in die Zeit der Wahl-und Konsekration und Inthronisation des neuen Erzbischofs DR. WENDELIN RAUCH gebürtig aus Zell am Andelsbach unweit Pfullendorf, wo der jetzige Pfarrherr von Dettlingen DR. THEOL. PAUL KEUCHEL bis September 1947 gewirkt hatte.
Einst Subregens und Priesterseminar der Dözese Ermland in Braunsberg, Ostpreussen, hatte er beim Ansturm der russischen Horden im Frühjahr 1945 unter grosser Lebensgefahr seine Heimat verlassen und über das Eis des zugefrorenen Frischen Haffes nach Süddeutschland fliehen müssen.
Das blühende Bistum Ermland fiel damals der entsetzlichen Grausamkeit des russischen Kommunismus zum Opfer. Der tatkräftige Bischof MAXIMILIAN KALLER überlebte das furchtbare Geschehen nur 2 Jahre. Er starb am 7. Juli 1947 am Herzschlag in Frankfurt a. Main. Auch dieses unsagbare Leid des deutschen Ostens sei der Turmurkunde, anvertraut!
Oberste kirchliche Baubehörde ist der Erzbischöfliche Oberstiftungsrat in Freiburg i. Br. Der Kirchenvorstand Dettlingen hat zum Vorsitzenden Pfv DR. THEOL. PAUL KEUCHEL, stellvertretender Vorsitzender ist Bauer JOSEF KAUPP, Mitglieder sind Bürgermeister HUBERT DETTLING, Posthalter NIKOLAUS SCHAEFER, Rentner PETER LEHMANN, Landwirt und Küfer JAKOB EPPLE, Mesmer ist Strassenwart PIUS DETTLING dessen Familie dieses Amt bereits 72 Jahre versieht. Die politische Gemeinde hat an ihrer Spitze Bürgermeister HUBERT DETTLING, Gemeinderäte sind: Bauer JOSEF KAUPP, Löwenwirt JOSEF SCHAEFER, Landwirt JOSEF LEHMANN, Landwirt STEFAN SINGER, Schreiner FRIDOLIN KAUPP, Gemeinderechner ist XAVER EPPLE. Die Spar- und Darlehnskasse Dettlingen wird, geleitet von dem Vorstand Bauer JOSEF KAUPP, Bürgermeister HUBERT DETTLING, Landwirt STEFAN SINGER, Geschäftsführer XAVER EPPLE. Der "Volksschule" Dettlingen steht vor Lehrer JOHANN FECKER.
Am Weltkrieg 1939 bis 1945 nahmen aus unserem Dorfe teil 51 Männer und Jungmänner teil, wovon l2 gefallen und 5 vermisst sind, 2 befinden sich noch in Kriegsgefangenschaft. Am Morgen des Kirchweihfestes im Jahre 1944 erfolgte ein Fliegerangriff auf die Bahnlinie nördlich des Dorfes. In derselben Woche wurde das dort liegende Bahnwärterhaus bei einen nochmaligen Fliegerangriff zerstört. Menschenleben waren dabei nicht zu beklagen. In der Nacht vom 5. auf den 6.März 1945 gingen etwa 500 m südöstlich der Kirche am Hochberg und am Viehtrieb ca. l0 Bomben nieder, wodurch etwa 50 Festmeter Holz im Gemeinde und Privatwald vernichtet wurden. Das Sakristeifenster wurde vom Luftdruck eingedrückt, die bunten Glasfenster am Hochaltar und einige Dächer im Dorf wurden beschädigt. Am 18.04.1945 abends 20 Uhr zogen die Franzosen ins Dorf ein. Sie unterhielten ca. l4 Tage hindurch bei uns eine Verpflegungsküche für durchziehende Truppen. Im August 1948 wurde der Gemeindewald an der Hochberghalde Abteilung 4d von den Franzosen kahl geschlagen. (ca. 600 Festmeter).
Die Regierung des Landes Hohenzollern wird geführt von Landeshauptmann MOSER und seinem Stellvertreter Oberbürgermeister MUELLER in Sigmaringen. Zur Zeit ist grosse Debatte über den staatlichen Zusammenschluss von Baden, Württemberg und Hohenzollern. Deutschland liegt schwer darnieder wie am Ende des Schwedenkrieges und ist seit Mai 1945 vollständig besetzt von 4 auswärtigen Großmächten (Amerika, Russland, England, Frankreich), die selber wiederum offensichtlich uneins sind und zu einem dritten noch grösseren Weltkrieg rüsten. Alle Welt zittert vor der kommenden allgemeinen Zerstörung durch den russischen Bolschewismus und der furchtbaren Atombombe. Unser glorreicher Hl. Vater Papst Pius XII. setzt sein Vertrauen auf das mütterliche Herz Mariens und sieht mit heiliger Gelassenheit dem Wogendrang der Zeiten zu. Möge Gott dieses friedliche Dorf vor neuen Kriegsschrecken bewahren! Holder Friede, süsse Eintracht, weilet, weilet freundlich über diesem Ort.
Dettlingen (Hohenzollern) im November 1948.
Der Kirchenvorstand:
Dr. heol. Paul Keuchel
Pfv Josef Kaupp,
Nikolaus Schäfer,
Peer Lehmann,
Hubert Detling
Verfasst anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Pantaleon Kirche zu Dettlingen von Karl Josef Dettling, Dettlingen im Mai 2017
Quellen: Staatsarchiv Sigmaringen,Heimatbücher der umliegenden Ortschaften, Buch „Das Oberamt Haigerloch“, Zeitungsartikel und private Unterlagen.
Fotos: Karl Josef Dettling